Pille Thromboserisiko Lungenembolie

Liebe Patientinnen,
eigentlich ist es ja ein Skandal:
In Deutschland nehmen 6,8 Millionen Frauen Kontrazeptiva (Anti-Baby-Pillen).
Über die Häfte der verordneten "Pillen", die oft auch noch mit falschen Versprechungen werben (z.B. Gewichtsabnahme = nur geringere Wassereinlagerung! - oder verminderte Akneneigung = nur geringer, das erhöhte Risiko nicht zu rechtfertigender Effekt!) haben mindestens ein doppelt so hohes Thrombose-Risiko wie andere, genauso gut wirsame, im Übrigen genauso gut verträgliche, schon länger bekannte Präparate.
Bei unter 30-jährigen Frauen ist der Unterschied des Risikos sogar fünfmal so hoch!
Es liegen jetzt neue Verordungszahlen für 2014 aus Frankreich vor: Während 2013 noch ca. ein Drittel der Pillen zu denjenigen der ungünstigen dritten und vierten Generation gehörten, sind jetzt durch die allgemeine Disskussion darüber die Verschreibungen um 45% zurückgegangen. Entsprechend sind auch die Krankenhausbehandlungen wegen Lungenembolie bei jüngeren Frauen gefallen!
In Deutschland war und blieb! der Anteil der risikoreicheren Kontrazeptiva bei über 60 %! Eigentlich hätten die Verordnungen auch in Deutschland sinken müssen, den die Fachinformationen sind dieselben!! - Hätte man alle Verschreibungen mit Drospirenon- Präparaten geändert in solche mit Levonorgestrel, dann wären pro Jahr 250 gefährliche Lungenembolien verhindern worden.
Mehrere neue, wissenschaftliche Untersuchungsergebnisse bestätigen diese Zusammenhänge - veröffentlicht z.B. im Deutschen Ärzteblatt Heft Nr. 28, 29, 45 / 2011, neuer Nr. 50 / 2013, zuletzt 37 / 2014 oder mehrfach im Arznei-Telegramm: Heft 1 / 2012., zuletzt 5 / 2015. Wenn Sie sich mit Ihren verschreibenden Ärzten auseinandersetzen, dann verweisen Sie bitte auf diese - allen Ärzten zur Verfügung gestellten - Literaturstellen.
Thrombosen (= Bildung von Blutgerinnseln innerhalb der Adern, die das Blut zum Herz zurücktransportieren, meistens in den Beinvenen) mit anschließenden, möglicherweise tödlichen Lungenembolien (Die Gerinnsel aus den Beinvenen können sich lösen und über das Herz in die Lungenadern gelangen und diese verstopfen.) sind glücklicherweise selten. - Zu den Risikofaktoren gehören frühere Thrombosen bei einem selbst oder bei nahen Verwandten, Rauchen, Übergewicht, Bewegungsmangel und eben hormonale Verhütungsmittel.
Warnsymptome wären zunächst Schmerzen und Schwellungen in den Beinen - besonders in den Waden.
Bei einer neueren Untersuchung mit den Daten von 1,6 Millionen Däninnen, die mehrere Jahre die Pille nahmen, hat man jetzt festgestellt, dass auch das Herzinfarkt- und Schlaganfall-Risiko höher ist als bei Frauen, die nicht hormonell verhüten.
Hoch ist das Risiko bei höher dosiertem Ethinylestradiol (30 bis 40 Mikrogramm), etwa 40 % günstiger bei 20 Mikrogramm Ethinylestradiol.
Nehmen Sie sich bitte einmal Ihre Pillen-Packung vor und lesen Sie, welche Hormone in welcher Menge enthalten sind.
Üblicherweise werden Kombinationspräparate eingesetzt: Der niedrige Östrogengehalt von 20 Mikrogramm (= 0,02 mg) Ethinylestradiol ist fast harmlos, auch das Herzinfarktrisiko ist noch niedrig - im Vergleich zu 30 bis 40 Mikrogramm. Andere Östrogene sind nicht zu empfehlen, denn sie sind entweder zu hoch dosiert, gefährlicher oder nicht so gut untersucht hinsichtlich ihres Risikos. -
Für das Thromboserisiko wichtiger und gefährlicher ist der zweite Bestandteil, das Gestagen:
Das vorteilhafte Levonorgestrel in der niedrigen Dosierung von 0,1 bis 0,15 mg, der Bestandteil der "Pillen" der sogenannten zweiten Generation, erhöht das Thromboembolie-Risiko nur gering.
Bei den Pillen der dritten Generation, die Gestoden oder Desogestrel enthalten oder neuere mit Drospirenon oder Cyproteron ( z.B. Biviol, Cerazette, Desmin, Gracial, Lamuna, Lovelle, Marvelon, Novial, Attempta, Bella, Clevia, Climen, Jennifer, Juliette, Morea, Cyproderm, Diane 35, Yasmin, Yasminelle, Aida, Yaz, Petibelle, Angeliq) wird das Risiko verdoppelt gegenüber der zweiten Generation an Pillen!!
Das Hormonpflaster EVRA und der NUVARING haben ebenfalls ein höheres Risiko als die Präparate mit niedrig dosiertem Levonorgestrel.
Zu bevorzugen sind also z.B. Leios, Miranova 0,1/0,02, Illina, Minisiston 20, Leona 0,1/0,02, Illina, Cleogyn, Asumate 20, Evaluna 20 und die günstigeren (6-Monatspackung unter 39 €): Swingo 20, Liana, Levina 100/20 und Estelle, die alle nur 0,1 mg Levonorgestrel und 20 Mikrogramm Ethinylestradiol enthalten. - Die höher dosierten Präparate sind wegen des etwas höheren Risikos an Komplikationen nicht zu empfehlen.
Bei der Auswahl der Verhütungsmittel muss man viel stärker die Risiken beachten, besonders wenn noch weitere Risikofaktoren (z.B. Rauchen und Übergewicht) hinzukommen!
Ihr Praxis-Team